Was passiert beim Drogenentzug?
Viele Patienten haben vor dem Beginn einer professionellen Behandlung schon mehrfach selbst versucht, auf den Konsum der Drogen zu verzichten. Die meisten Drogenabhängigen scheitern an diesem Vorhaben, weil die psychische Seite der Abhängigkeit oder die körperlichen Entzugserscheinungen zu stark sind. Das schadet den Suchtkranken allerdings gleich doppelt. Einerseits fühlen sie sich, als hätten sie versagt und schämen sich. Andererseits haben sie durch das negative Erleben der körperlichen Nebenwirkungen nun noch mehr Angst vor einem Entzug. Beides kann dazu führen, dass sich die Sucht noch stärker ausweitet und der Drogenkonsum zusätzlich steigt. Gerade in diesem Zusammenhang ist es wichtig, genau zu differenzieren, wie der Ablauf eines qualifizierten Drogenentzugs aussieht.
1. Phase: Motivation
Patienten, die sich für eine teilstationäre Behandlung oder einen stationären Aufenthalt in einer Klinik entscheiden, brauchen eine starke Abstinenzmotivation, um die Entzugstherapie erfolgreich durchzustehen. In der Motivationsphase geht es zum einen darum, dass der Patient aus sich selbst heraus den festen Willen hat, seine Drogensucht behandeln zu lassen. Zum anderen kann die Motivation von außen gefördert werden, beispielsweise durch Gespräche mit Ärzten, anderen Suchtpatienten oder Therapeuten.
2. Phase: Entgiftung
Die Entgiftung ist für viele Patienten der härteste Schritt. Schließlich verzichten sie auf den Drogenkonsum und entgiften ihren Körper komplett von der jeweiligen Droge und ihren Abbauprodukten. Wer sich für eine stationäre Therapie entscheidet, erhält in dieser Phase Medikamente zu Linderung der Entzugssymptome. Diese können so individuell dosiert werden, dass die Patienten während der gesamten Zeit relativ beschwerde- bzw. nebenwirkungsfrei sind. Bei einer ambulanten Therapie kann ebenfalls eine Medikation verabreicht werden, jedoch steht den Ärzten hier aufgrund der fehlenden 24-Stunden-Betreuung nur eine begrenzte Auswahl an Mitteln zur Verfügung. Prinzipiell ist sowieso eher von einer ambulanten Entzugsbehandlung abzuraten, da während eines Entzugs auch gefährliche Komplikationen auftreten können, wie z.B. die Entstehung eines Krampfanfalles. Im ambulanten Setting können solche Ereignisse lebensgefährlich werden.
Zusätzliche klinische Maßnahmen zur Linderung von Nebenwirkungen sind:
- Neuro-elektrische Stimulation (NES)
- Entspannungsübungen
- Bei ausreichend stabilem körperlichen Zustand: sportliche Aktivierung
- Schlafhygienemaßnahmen
- Akupunktur
3. Phase: Entwöhnung
In der Entwöhnung werden die psychische Seite der Sucht behandelt, Ursachen der Suchtentstehung erforscht und neue, alternative Verhaltensweisen gefunden. Die Patienten suchen mit dem Therapeuten zusammen in individuell abgestimmten psychotherapeutischen Sitzungen ihre Drogensucht-Ursachen und lernen Strategien für die Zeit nach dem Drogenentzug kennen. Man weiß, dass eine Abstinenzeinhaltung leichter ist, wenn man die Gründe der Suchtentstehung einordnen kann, versteht und bearbeitet. Das ist wichtig, um eventuellen Rückfällen vorzubeugen und bei den Patienten eine dauerhafte Abstinenz zu etablieren.
Gleichzeitig werden in dieser Zeit psychische und körperliche Begleiterkrankungen der Drogensucht aufgearbeitet und behandelt. Dazu gehören ebenfalls mögliche soziale Folgen wie z. B. Familienprobleme oder Schwierigkeiten im Job, so dass in vielen Kliniken und ambulanten Einrichtungen ebenfalls Gespräche mit Angehörigen auf dem Therapieplan stehen. Auch Begleiterkrankungen wie Depressionen, Angststörungen und Psychosen werden psychotherapeutisch und medizinisch behandelt. Dazu gehört ebenfalls eine mögliche medikamentöse Einstellung.
4. Phase: Nachsorge
Eine qualifizierte Entzugsbehandlung endet nicht mit der Entlassung aus der Klinik. Um eine umfangreiche und langfristige Rehabilitation der Patienten zu erreichen, wird ebenfalls ein individuelles Nachsorgekonzept entwickelt. Dieses inkludiert in der Regel eine weiterführende ambulante Psychotherapie am Wohnort sowie den Besuch von Selbsthilfegruppen. Das Ziel dieser Therapie ist es, den nun abstinent lebenden Drogensüchtigen möglichst viel Stabilität und Sicherheit für das Leben nach der stationären Drogentherapie zu bieten. Denn Unsicherheit und das Gefühl mit Ängsten und Nöten allein zu sein, gelten als große Risikofaktoren für einen Rückfall.