Alkoholsucht

Entzugserscheinungen Alkohol

Alkohol-Entzugserscheinungen in Kürze

  • Psychische und körperliche Entzugssymptome
  • Konsumdauer, Menge, Mischkonsum, Begleiterkrankungen beeinflussen Symptomstärke
  • Magen-Darm-Symptome, Herzkreislauf-Probleme, Schwitzen, Krampfanfälle
  • Unruhe, kognitive Störungen, Ängste, Depressionen, Halluzinationen, Schlafstörungen
  • Erste Symptome ca. 6 Stunden nach dem letzten Konsum, Höhepunkt nach 24-48 Stunden
  • Gezielte Medikation lindert Symptome

Welche Symptome treten beim Alkoholentzug auf?

Viele Menschen, die regelmäßig große Mengen Alkohol trinken, würden ihren chronischen Alkoholmissbrauch gern stoppen. Doch sie haben Angst vor den möglichen Alkohol-Entzugserscheinungen. Schließlich scheint es davon sehr viele zu geben: Heftiges Zittern und Schweißausbrüche, Magenschmerzen, Schlaflosigkeit und sogar Halluzinationen – treten all diese Symptome bei einem Alkoholentzug tatsächlich auf oder ist der Entzug vielleicht viel weniger belastend, als immer behauptet wird? Hier finden Sie Informationen, warum es zu Entzugserscheinungen bei Alkohol kommt, wie schwer diese ausfallen und was man gegen sie tun kann.

Was sind Entzugserscheinungen bei Alkohol?

Unter Alkoholentzugserscheinungen versteht man diverse psychische und/oder körperliche Symptome, die bei einem Alkoholentzug entstehen können. Welche Symptome auftreten und als wie belastend diese wahrgenommen werden, variiert von Patient zu Patient. Insbesondere bei langjähriger Abhängigkeit und hohem Alkoholkonsum kann der Entzug unbehandelt lebensgefährlich werden.

Alkohol Entzugserscheinungen: Frau mit Kopfschmerzen im Bett
Alkohol Entzugserscheinungen: Frau mit Kopfschmerzen im Bett

Warum kommt es bei Alkohol zu Entzugserscheinungen?

In der Fachsprache nennt man die Alkoholentzugserscheinungen auch Alkoholentzugssyndrom. Es kann in unterschiedlich starken Ausprägungen auftreten und sich schlimmstenfalls bis zu einem Delirium tremens entwickeln. Dieses ist bei Menschen mit missbräuchlichem Alkoholkonsum besonders gefürchtet. Immerhin kann es unbehandelt sogar zum Tode führen. Fakt ist allerdings: Die Wahrscheinlichkeit bei einem Alkoholentzug ein Delirium tremens zu erleiden, liegt zwischen 5 und 15 Prozent1. Trotzdem stellen Suchtkranke sich die Frage: Warum kommt es überhaupt zu Entzugserscheinungen bei Alkohol?

Allgemeine Wirkungen von Alkohol auf das Gehirn

Alkohol ist eine psychoaktive Substanz, die im Gehirn des Menschen wirkt. Dort beeinflusst sie die Funktion verschiedener Rezeptoren – unter anderem die GABAA-Rezeptoren und die Glutamatrezeptoren2. Dadurch werden Botenstoffe, sogenannte Neurotransmitter, nicht mehr richtig aufgenommen, ausgeschüttet oder weitergeleitet – das chemische Gleichgewicht im Gehirn verändert sich. Im Fall von Alkohol hat das einen hemmenden Effekt. Genau deshalb fühlt man sich nach dem Konsum alkoholischer Getränke schnell entspannt und nimmt eine beruhigende Wirkung wahr.

Veränderungen in der Gehirnchemie bei chronischem Alkoholmissbrauch

Wird der Alkoholkonsum chronisch, stellt sich das Gehirn dauerhaft auf die Zufuhr der Substanz ein und passt sich entsprechend an. Eine Unterbrechung des Konsums hat demnach zur Folge, dass die chemische Balance erneut durcheinandergerät: Die hemmenden Effekte fallen weg, und das Gehirn gerät in einen Zustand der Übererregung. Das wiederum bekommt der Suchtkranke in Form von Entzugssymptomen zu spüren.

Behandlung von Alkohol Entzugserscheinungen: Gruppentherapie
Behandlung von Alkohol Entzugserscheinungen: Gruppentherapie

Bei wem treten Alkoholentzugserscheinungen auf?

Das Unterbrechen des Alkoholkonsums führt bei einer Alkoholsucht nicht zwangsläufig zu belastenden Symptomen. Selbst Suchtkranke, die über Jahre hinweg große Mengen Alkohol zu sich genommen haben, können in Ausnahmefällen unter geringen körperliche Entzugssymptome mit dem Trinken aufhören. Eine verlässliche Regel dafür, bei wem Symptome bei einem Alkoholentzug auftreten und bei wem nicht, gibt es nicht. Tendenzen lassen sich dagegen durchaus ausmachen.

Alkohol-Entzugserscheinungen abhängig von vielen Faktoren

  • Dauer des Alkoholkonsums
  • Menge des Konsums
  • Begleiterkrankungen
  • Mischkonsum

Lebensgefährliche Entzugssymptome bei kaltem Entzug möglich

Insbesondere Menschen, die bereits seit vielen Jahren große Mengen Alkohol trinken und die typischen Anzeichen einer Alkoholsucht bei sich bemerken, sollten vorsichtshalber immer davon ausgehen, dass bei einem Entzug medizinisch gefährliche Symptome entstehen. Deshalb sollten Betroffene auch keinen kalten Entzug bzw. keinen Alkoholentzug zu Hause durchführen. Da dieser meist medizinisch unbegleitet stattfindet, kann es bei einem schwerwiegenden Alkoholentzugssyndrom zu lebensbedrohlichen Folgen kommen.

Welche Entzugserscheinungen treten bei Alkohol auf?

Alkohol ist eine rauscherzeugende Substanz, die eine psychische und körperliche Abhängigkeit auslösen kann. Daher müssen Betroffene bei einem Entzug sowohl mit körperlichen als auch psychischen Symptomen rechnen. Welche Beschwerden auftreten und als wie belastend diese wahrgenommen werden, ist individuell verschieden.

Körperliche Alkohol Entzugserscheinungen: Frau mit Übelkeit über Klo
Körperliche Alkohol Entzugserscheinungen: Frau mit Übelkeit über Klo

Körperliche Entzugserscheinungen bei Alkohol

Körperliche Entzugserscheinungen können sehr breit gefächert sein. Manche Alkoholabhängigen erleben die körperliche Entgiftung als extrem belastend und geraten teilweise sogar in lebensbedrohliche Zustände. Andere hingegen durchleben den Entzug relativ entspannt und bemerken lediglich leichte Symptome, die an eine Erkältung oder eine Grippe erinnern.

Fakt ist jedoch: Auch ein Entzug, der mit leichten Beschwerden beginnt, kann sich später zu einem medizinischen Problem entwickeln. Daher sollte man einen kalten Entzug nicht ohne medizinisch-therapeutische Begleitung durchführen.

Typische körperliche Entzugserscheinungen sind:

  • Übelkeit und andere Magen-Darm-Beschwerden
  • Herz-Kreislauf-Probleme
  • Zittern
  • übermäßiges Schwitzen
  • grippeähnliche Symptome
  • Krampfanfälle

 

Psychische Entzugserscheinungen bei Alkohol

Viele Patienten, die ihre Alkoholabhängigkeit überwinden und mit dem Trinken aufhören wollen, fürchten sich vor den psychischen Entzugserscheinungen. Tatsächlich werden diese von vielen Betroffenen als besonders belastend wahrgenommen. Allem voran der Suchtdruck bzw. das Craving. Hierbei handelt es sich um das intensive Verlangen nach Alkohol. Bei vielen Suchtkranken ist es derart stark ausgeprägt, dass sie den Alkoholentzug sogar vorzeitig abbrechen.

Typische psychische Entzugserscheinungen sind:

  • Unruhe und Nervosität
  • Angst und Anspannung
  • Schlafstörungen
  • gestörte Konzentrations- und Denkfähigkeit
  • depressive Verstimmung
  • Stimmungsschwankungen
  • Halluzinationen und Verfolgungswahn

Wichtig: Sowohl die körperlichen als auch die psychischen Entzugssymptome können sich bei Patienten, die einen sogenannten Mischkonsum pflegen, drastisch verändern. Wer also zusätzlich zum Alkoholkonsum regelmäßig Cannabis, Opiate oder Stimulanzien einnimmt, muss damit rechnen, dass sich die Entzugsproblematik verschlimmert.

Psychische Alkohol Entzugserscheinungen: Frau mit Halluzinationen
Psychische Alkohol Entzugserscheinungen: Frau mit Halluzinationen

Delirium tremens bei Alkohol

Das Delirium tremens markiert die schwerwiegendste Form des Alkoholentzugssyndroms. Es tritt zwar nur bei einem geringen Teil der Betroffenen auf, jedoch kann es unbehandelt zum Tode führen. Genauer gesagt: Ohne medizinische Behandlung liegt die Mortalität, also die Sterblichkeitsrate, beim Alkoholdelirium bei ca. 20 Prozent. Im Rahmen einer stationären Behandlung sinkt diese deutlich – hier beträgt die Sterblichkeitsrate nur noch ca. zwei Prozent.

Bei einem Alkoholentzugsdelir handelt es sich um eine Folge des chronischen Alkoholabusus, die potenziell lebensbedrohlich sein kann. Sie geht mit psychotischen und neurovegetativen Symptomen einher, wobei zwischen unvollständigem und vollständigem Delir sowie dem lebensbedrohlichen Delir unterschieden wird3.

Typische Symptome eines Alkoholentzugsdelirs sind:

  • Halluzinationen und Schreckhaftigkeit
  • Angstanfälle und Depression
  • starkes Zittern und Schwitzen
  • kognitive Beeinträchtigungen
  • Aufmerksamkeits-, Bewusstseins- und Orientierungsstörungen
  • Halluzinationen und psychotische Symptome
  • schwere Herz-Kreislauf-Probleme
  • stark ansteigende Körpertemperatur

Ab wann beginnen die Entzugssymptome bei Alkohol?

Betroffene, die bereits seit vielen Jahren trinken und/oder einen sehr hohen Konsum pflegen, bemerken typische Symptome des Entzugs bereits wenige Stunden nach dem letzten Alkoholkonsum. Häufig sind die Beschwerden bereits bekannt, denn sie zeigen sich auch ohne Entzugsversuch oft früh am Morgen nach dem Aufstehen, wenn der Körper während der Schlafphase in der Nacht auf Alkohol verzichten musste.

  • Auftreten erster Entzugssymptome
    • Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass sich die ersten, leichten Symptome rund sechs Stunden nach dem letzten Glas einstellen.
  • Risiko von Krampfanfällen
    • In den ersten sechs bis 48 Stunden können zudem generalisierte Krampfanfälle (Grand mal-Anfälle) entstehen. Kommt es zu schwerwiegenderen Symptomen, weil die Betroffenen bereits seit vielen Jahren unter einer chronischen Alkoholabhängigkeit leiden, treten die Beschwerden mitunter zeitverzögert auf.
  • Auftreten von Halluzinationen und Delirium tremens
    • Die Alkoholhalluzinose manifestiert sich beispielsweise 12 bis 24 Stunden nach dem letzten Alkoholkonsum, bis zum Auftreten eines Delirium tremens können 48 bis 72 Stunden vergehen4.
Entzugserscheinungen Alkohol: Helfende Hand unterstützt traurige Frau
Entzugserscheinungen Alkohol: Helfende Hand unterstützt traurige Frau

Wie lange halten die Alkoholentzug-Symptome an?

Die Dauer der Alkoholentzugserscheinungen sind individuell von Suchtkrankem zu Suchtkrankem verschieden. Zudem spielt es eine Rolle, ob und wie die Beschwerden behandelt werden. Im stationären Behandlungssetting klingen Entzugsbeschwerden für gewöhnlich deutlich schneller ab, da sie unter anderem mit den passenden Medikamenten behandelt werden können.

  • Körperliche Entzugserscheinungen
    • Körperlich sind die meisten Betroffenen bereits nach wenigen (5-7) Tagen über den Berg – oft ist der Höhepunkt der Entzugssymptome nach 24 bis 48 Stunden überwunden.
  • Psychische Symptome
    • Die psychischen Beschwerden können deutlich länger anhalten – das gilt insbesondere für den Suchtdruck, aber auch für Depressionen, Angststörungen sowie kognitive Einschränkungen.

Wie lassen sich die Beschwerden bei einem Alkoholentzug reduzieren?

Grundsätzlich gilt: Die heftigsten Alkoholentzugserscheinungen sind bei einem kalten Entzug zu erwarten. Hier setzen sich die Suchtkranken der kompletten Bandbreite an möglichen Beschwerden aus – völlig ohne ärztlichen Beistand. Kommt es zu psychischen und/oder körperlichen Komplikationen können die Betroffenen oft nicht rechtzeitig Hilfe suchen – teilweise enden solche Entzugsversuche tödlich. Insbesondere bei langjähriger Alkoholabhängigkeit sollte ein Alkoholentzug deshalb immer in einem betreuten Setting – ambulant oder besser stationär – durchgeführt werden. Hier gibt es viele Möglichkeiten, die belastenden Alkoholentzugserscheinungen zu lindern und bei Komplikationen sofort zu intervenieren.

Medikation bei Alkoholentzugserscheinungen

Patienten, die ihren Alkoholentzug stationär durchführen, können sich den Ausstieg aus der Alkoholabhängigkeit deutlich erleichtern. Eine passende Medikation hilft, die meisten Nebenwirkungen des Alkoholkonsum-Stopps zu lindern.

Medikamente bei starken körperlichen Symptomen

Bei Patienten mit schwerer Entzugssymptomatik haben sich Medikamente aus der Gruppe der Benzodiazepine sowie Clomethiazol bewährt. Zu Beginn des Alkoholentzugs werden diese für gewöhnlich hoch dosiert, aber bereits nach kurzer Zeit wieder abgesetzt, sodass keine Suchtverschiebung entstehen kann.

Medikation bei psychischer Symptomatik

Um das Suchtverlangen der Patienten unter Kontrolle zu bringen, empfiehlt sich die Gabe von Acamprosat5 oder Naltrexon. Leichtere Alkoholentzugserscheinungen können meist ohne Benzodiazepine behandelt werden. Antikonvulsiva oder sedierende Antidepressiva sowie gegebenenfalls Schmerzmittel sind oft ausreichend, um den Alkoholentzug erträglich zu machen.

Behandlung bei Alkoholentzugserscheinungen – an wen kann man sich wenden?

Die Alkoholsucht ist eine Krankheit mit gravierenden körperlichen und psychischen Folgen. Um diese so gering wie möglich zu halten, empfiehlt sich ein möglichst rascher Ausstieg aus der Sucht. Allerdings sollte dieser nicht überhastet durchgeführt werden. Bei einem kalten Alkoholentzug drohen vor allem Menschen mit langjährig hohem Alkoholkonsum extrem belastende Entzugssymptome, die durchaus lebensgefährlich werden können.

Deshalb sollte sich jeder Betroffene vor einem Entzug über eine mögliche Behandlung informieren. Die richtigen Ansprechpartner hierfür sind Suchtberatungsstellen, der eigene Hausarzt oder auch das Personal in Fachkliniken. Insbesondere Privatkliniken bieten hier einen Vorteil: Oft können sich die Patienten zeitnah für eine Behandlung aufnehmen lassen.

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Quellenliste

1 Batra, A. et al., „Alkoholentzugsdelir“, In: MMW-Fortschr. Med. Nr. 4 / 2013 (155. Jg.), https://link.springer.com/content/pdf/10.1007/s15006-013-0226-4.pdf (Datum des Zugriffs: 03.03.2022)

2 Seitz, Helmut K. et al., 2013, „Alkoholabhängigkeit“ Suchtmedizinische Reihe Band 1, Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V., S. 36 ff., https://www.dhs.de/fileadmin/user_upload/pdf/Broschueren/Suchtmedizinische_Reihe_1_Alkohol.pdf (Datum des Zugriffs: 03.03.2022)

3 Maschke, Matthias et al., 2020, „Delir und Verwirrtheitszustände inklusive Alkoholentzugsdelir“, Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie, DGN Deutsche Gesellschaft für Neurologie, S. 11 f., https://dgn.org/wp-content/uploads/2020/12/030006_LL_Delir_2020.pdf (Datum des Zugriffs: 03.03.2022)

4 MSD MANUAL Ausgabe für medizinische Fachkreise, „Alkoholvergiftung und -entzug“,https://www.msdmanuals.com/de-de/profi/spezielle-fachgebiete/freizeitdrogen-und-rauschmittel/alkoholvergiftung-und-entzug (Datum des Zugriffs: 03.03.2022)

5 Seitz, Helmut K. et al., 2013, „Alkoholabhängigkeit“ Suchtmedizinische Reihe Band 1, Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V., S. 128, https://www.dhs.de/fileadmin/user_upload/pdf/Broschueren/Suchtmedizinische_Reihe_1_Alkohol.pdf (Datum des Zugriffs: 03.03.2022)