Drogensucht

Kokainsucht alleine überwinden

Kokain Entzug alleine überstehen: das Wichtigste in Kürze

  • Viele Kokainsüchtige versuchen, ihre Drogensucht alleine zu überwinden.
  • Ein unbegleiteter Entzug ist extrem belastend und kann sogar gefährlich sein.
  • Bei Entzugsversuchen ohne medizinisch-therapeutische Hilfe sind Abbruch- und Rückfallquoten sehr hoch.
  • Insbesondere bei Mischkonsum kann von einem kalten Entzug nur abgeraten werden.
  • Eine professionelle Entzugstherapie ist sicherer, weniger belastend und führt häufiger zu dauerhafter Abstinenz.

Der erste Schritt: Der Wille, die Kokainsucht zu beenden

Zwischen dem ersten High und dem permanenten Down liegt bei der Droge Kokain oft nur ein schmaler Grat. Viele Betroffene möchten deshalb den Konsum beenden und sich aus der Abhängigkeit lösen. Die Kokainsucht alleine zu überwinden, erscheint manchen als der einfachste Weg. Das ist allerdings ein Trugschluss. Was bei dieser Entzugsmethode zu erwarten ist, erklärt der folgende Beitrag.

Kokainsucht alleine überwinden: Person mit Kokain in Hand
Kokainsucht alleine überwinden: Person mit Kokain in Hand

Warum versuchen Suchtkranke, ihre Kokainsucht alleine zu überwinden?

Abhängigkeit und Sucht werden in unserer Gesellschaft bis heute stark stigmatisiert. Betroffene erleben immer wieder, dass ihre Erkrankung auf negative Charaktermerkmale zurückgeführt wird. So werden Suchtkranke häufig als willensschwach bezeichnet oder gelten als selbst schuld an ihrer Krankheit1.

Nicht selten bekommen sie bei Bekanntwerden ihrer psychischen Erkrankung Schwierigkeiten im sozialen Umfeld oder am Arbeitsplatz. Vielfach versuchen sie deshalb, die Abhängigkeit von vornherein zu verheimlichen. Kokainkonsumenten bilden hier keine Ausnahme – insbesondere, wenn es um Topverdiener mit hoher sozialer Stellung geht. Aus Angst vor dem gesellschaftlichen und/oder beruflichen Absturz versuchen sie, ihre Kokainsucht alleine zu überwinden.

Was bedeutet es, einen Kokain-Entzug alleine durchführen zu wollen?

Wer versucht, einen Kokain-Entzug alleine, also ohne medizinisch-therapeutische Begleitung, durchführen zu wollen, entscheidet sich häufig für einen kalten Entzug. Hierbei handelt es sich zweifellos um die härteste aller Entzugsmethoden. Denn bei einem kalten Entzug wird das Rauschmittel, in diesem Fall Koks, von einem Moment auf den anderen radikal abgesetzt.

Das versetzt sowohl Körper als auch Psyche in einen regelrechten Schockzustand – immerhin hat sich der gesamte Organismus über die Zeit hinweg an die mehr oder weniger regelmäßige Zufuhr der Substanz gewöhnt. Bleibt der gewohnte Konsum aus, kann dies zu schwerwiegenden Entzugserscheinungen führen.

Kokainentzugserscheinungen: Frau mit Halluzinationen sieht doppelt
Kokainentzugserscheinungen: Frau mit Halluzinationen sieht doppelt

Mit welchen Entzugserscheinungen ist bei einem unbegleiteten Kokainentzug zu rechnen?

Wenn Betroffene das Rauschmittel Kokain nach (jahrelangem) regelmäßigem Konsum plötzlich absetzen, gerät die chemische Balance im Gehirn durcheinander. Durch den vorherigen Einfluss der Droge, hat der Körper die eigene Ausschüttung von Neurotransmittern wie Serotonin, Dopamin und Noradrenalin drastisch reduziert.

Psychische Symptome bei kaltem Koks-Entzugs

Fällt die Droge als Glücksbooster weg, bemerken Betroffene eine akute Verschlechterung der Stimmungslage. Es kommt vor allem zu psychischen Entzugserscheinungen wie depressiven Verstimmungen und Selbstmordgedanken. Ergänzend dazu fühlen die Suchtkranken sich körperlich extrem erschöpft, leiden unter Konzentrationsstörungen. Weiterhin können die folgenden Nebenwirkungen auftreten2:

  • Dermatozoenwahn
  • Psychosen und Angstzustände
  • Persönlichkeitsveränderungen
  • starkes Verlangen nach der Einnahme der Droge (Craving)

Körperliche Symptome des Kokainentzugs

Körperliche Begleiterscheinungen des Entzugs sind bei einer Kokainsucht eher selten. Gefährlich wird es jedoch, wenn Betroffene von Kokain abhängig sind und zusätzlich Rauschmittel wie beispielsweise Alkohol konsumieren. In diesem Fall sind weitere Symptome möglich, die schlimmstenfalls sogar lebensgefährlich werden können.

Kokainentzug alleine: Frau niedergeschlagen im Bett
Kokainentzug alleine: Frau niedergeschlagen im Bett

Warum ist es nicht ratsam, eine Kokainabhängigkeit allein überwinden zu wollen?

Für die meisten Menschen, die sich aus einer Drogenabhängigkeit lösen wollen, führt der erfolgversprechendste Weg zurück in ein selbstbestimmtes Leben über eine Therapie. Das Vorhaben, einen Entzug allein durchführen zu wollen, ist dagegen in den wenigsten Fällen von Erfolg gekrönt. Das gilt unabhängig von der eigenen Motivation: Studien zeigen, dass nur der Entzugswille alleine nicht ausreicht für eine erfolgreiche Abkehr vom Drogenkonsum3.

Konsumdruck als häufige Ursache für den Entzugsabbruch bei Kokain

Insbesondere Menschen, die von Koks abhängig sind, fällt es schwer, die Sucht ganz alleine zu besiegen. Der Grund: das Craving. Hierbei handelt es sich um den sogenannten Suchtdruck, ein extrem starkes Verlangen nach dem erneuten Konsum der Droge. Dieser ist bei Kokainkonsumenten besonders ausgeprägt und basiert auf der Erschöpfung der dopaminergen Neurone.

Weil Betroffene sich durch das Nachlassen der Wirkung niedergeschlagen und depressiv fühlen, möchten sie am liebsten sofort wieder zur Droge greifen, in der Hoffnung die eigene Stimmung neu beflügeln zu können. Besonders intensiv sind die negativen Gefühle in den ersten 12 bis 96 Stunden nach dem Entzugsbeginn4. Dadurch ist das Rückfallrisiko in dieser Phase besonders hoch.

Auch für Angehörige kann der Entzugsversuch auf eigene Faust belastend sein

Suchtkranke, die regelmäßig koksen und gegebenenfalls weitere Drogen wie Alkohol, Cannabis und Co. konsumieren, belasten damit nicht nur sich selbst, sondern auch ihr soziales Umfeld. Vor allem die nächsten Mitmenschen geraten oftmals in eine Co-Abhängigkeit. Für sie kann der Entzugsversuch in Eigenregie eine zusätzliche Herausforderung bedeuten: Sie erleben den Suchtkranken in einer völlig neuen Situation, müssen plötzlich sogar zusätzlich pflegerische Aufgaben übernehmen. Und dies, obwohl sie selbst bereits am Rande der Belastungsgrenze sind und teilweise ebenfalls professionelle Hilfe bräuchten.

Professioneller Kokainentzug: Junger Mann in Gesprächstherapie
Professioneller Kokainentzug: Junger Mann in Gesprächstherapie

Warum ist eine professionelle Therapie bei Kokainabhängigkeit besser als ein Entzug ohne Hilfe?

Der erste Schritt aus der Abhängigkeit ist die Erkenntnis, dass überhaupt ein Problem besteht. Viele Suchtkranke benötigen Jahre, ehe sie sich überhaupt eingestehen, dass Alkohol oder illegale Drogen wie Kokain die Kontrolle über ihr Leben übernommen haben. Der zweite Schritt sollte in eine professionelle Therapie führen, denn hier besteht die Möglichkeit, einen warmen, medizinisch und therapeutisch begleiteten Kokainentzug durchzuführen. Dieser wird von den Betroffenen als deutlich angenehmer erlebt und bietet noch weitere Vorteile.

  • Vorteil 1: Kontrollierte Entgiftung mit medikamentöser Behandlung
    • Wer von illegalen Substanzen wie Kokain abhängig ist, muss während der Entgiftung mit teilweise stark belastenden Entzugssymptomen rechnen. In einem stationären Setting können diese durch eine passende Medikation sowie andere Behandlungsmöglichkeiten gelindert werden. In der Folge fühlen sich die Patienten weniger belastet und das Risiko, den Entzugsversuch abzubrechen, reduziert sich auf ein Minimum.
  • Vorteil 2: Begleiterkrankungen werden direkt mitbehandelt
    • Komorbiditäten sind bei Suchtkranken keine Seltenheit – bei Kokainsucht treten parallel beispielsweise relativ häufig Depressionen und Angstzustände, aber auch Persönlichkeitsstörungen auf5. Bleiben diese Begleiterkrankungen unbehandelt, bergen sie ein großes Risiko dafür, dass die Betroffenen rückfällig werden. Deshalb werden solche Komorbiditäten in einer professionellen Behandlung ebenfalls angegangen. Dadurch erhöht sich die Chance, dass der Suchtkranke die dauerhafte Abstinenz erreicht.
  • Vorteil 3: Neben der Entgiftung findet eine Entwöhnung statt
    • Die Entstehung von Suchterkrankungen lässt sich meist nicht auf eine einzelne Ursache zurückführen. Viele Komponenten beeinflussen, ob eine Person von Kokain abhängig wird – nicht allein das Kokain und dessen Wirkung sind verantwortlich. Auch entwicklungsbedingte, neurobiologische, umweltbezogene und sogar genetische Faktoren können einen Effekt haben.
    • Die eigenen Suchtursachen zu erkennen, ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zurück in ein selbstbestimmtes Leben. Denn dabei lernen Betroffene ihre Konsummuster und -gründe genauer kennen und können dementsprechend neue Handlungsansätze und Denkmuster entwickeln. In einer professionellen Behandlung erfolgt dieser Schritt in Begleitung eines erfahrenen Therapeuten. Wer hingegen seinen Kokainentzug alleine durchführen will, muss hierauf komplett verzichten
  • Vorteil 4: Betroffene entwickeln Strategien für die Zeit nach dem Entzug
    • Zurück ins Leben – viele Kokainsüchtige haben dieses Ziel während der gesamten Entzugsdauer vor Augen. Die Rückkehr in den Alltag kann jedoch beschwerlich sein: Was passiert, wenn der Leistungsdruck an der Arbeit wieder überhandnimmt? Wenn die nächste Party mit Alkohol und Drogen im Bekanntenkreis ansteht? Oder wenn sich plötzlich Depressionen oder Angststörungen zurückmelden?
    • Nach einem Entzugsversuch auf eigene Faust stehen den Suchtkranken kaum Strategien zur Rückfallvermeidung zur Verfügung. Das kann im schlimmsten Fall zu einem erneuten Konsum führen. In einer guten stationären oder ambulanten Behandlung findet dagegen meist ein intensives Rückfalltraining statt, sodass die Patienten für die Zeit nach der Therapie bestens gewappnet sind.
  • Vorteil 5: Angehörige können in die Behandlung eingebunden werden
    • Das soziale Umfeld kann einen starken Effekt darauf haben, ob die dauerhafte Abstinenz von Kokainsüchtigen nach der Therapie gelingt. Deshalb kann es hilfreich sein, Angehörige in die Behandlung zu integrieren. Hierbei können verschiedene Ziele im Fokus stehen: Aufklärung über die Suchterkrankung, Lösung suchtinduzierter Konflikte, Anstoß zur Behandlung einer Co-Abhängigkeit.

FAQ: Die häufigsten Fragen zum Kokainentzug ohne Hilfe

  • Wie gefährlich ist es, eine Kokainsucht alleine überwinden zu wollen?
    • Mögliche Entzugssymptome sind bei einer Kokainabhängigkeit normalerweise nicht lebensbedrohlich. Trotzdem werden sie als sehr unangenehm wahrgenommen und können einen schnellen Rückfall provozieren. Liegt nicht nur eine Abhängigkeit von Kokain vor, sondern werden weitere rauscherzeugende Substanzen regelmäßig eingenommen, können sich die Entzugssymptome verändern und gegebenenfalls zu Komplikationen führen.
  • Wie lange dauert es, einen Kokain Entzug alleine durchzuführen?
    • Die Entzugsdauer bei einer Entgiftung in Eigenregie ist von Person zu Person unterschiedlich. In einem stationären Setting muss für Entgiftung und Entwöhnung mit mehreren Wochen bis Monaten gerechnet werden. Durch das häufig auftretende Wechselspiel aus Entgiftung und Rückfall, dauert der Entzug zuhause meist deutlich länger, ist seltener erfolgreich und stärker belastend.
  • Was sollte man bei einem Kokainentzug allein unbedingt beachten?
    • Wer auf eigene Faust versuchen möchte, sich von der Droge zu lösen, sollte im Vorfeld einen Mediziner kontaktieren und den geplanten Entzugsversuch mit diesem besprechen. Für den Fall, dass während des Prozesses Probleme auftreten, sollte außerdem schnelle Hilfe verfügbar sein. Besser wäre jedoch, direkt einen warmen Entzug in einem stationären oder zumindest ambulant betreuten Setting durchzuführen.
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Quellenliste

1 Pharmazeutische Zeitung „Suchtkranke – Abgestempelt und ausgegrenzt“, Ausgabe 34/2017, https://www.pharmazeutische-zeitung.de/ausgabe-342017/abgestempelt-und-ausgegrenzt/ (Datum des Zugriffs: 16.05.2022)

2 Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. „Kokain, Crack & Freebase“, Faltblatt,  Auflage: 16.60.06.20, https://www.dhs.de/fileadmin/user_upload/pdf/Broschueren/Sucht-und-ihre-Stoffe_KOKAIN.pdf (Datum des Zugriffs: 16.05.2022)

3 Snoek, Anke et al. „Strong-willed but not successful: The importance of strategies in recovery from addiction“, Addictive Behaviors Reports, Volume 4, Dezember 2016, Seite 102-107, https://doi.org/10.1016/j.abrep.2016.09.002https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2352853216300396 (Datum des Zugriffs: 16.05.2022)

4 Haasen, Christian et al. „Körperliche und psychische Folgen des Kokain- und Crackkonsums“, Suchttherapie 2002; 3: 2-7 © Georg Thieme Verlag Stuttgart ́ New York ́ ISSN 1439-9903, S. 5, https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/pdf/10.1055/s-2002-23526.pdf (Datum des Zugriffs: 16.05.2022)

5 Fridell, Mats et al. „Drogen im Blickpunkt – Briefing der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht“ Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften. © Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht, 2004, https://www.emcdda.europa.eu/system/files/publications/357/Dif14DE_84967.pdf (Datum des Zugriffs: 16.05.2022)