Wieviel Zeit muss für einen Tavor®-Entzug eingeplant werden?
Die Frage nach der Tavor®-Entzug-Dauer lässt sich nicht allgemein beantworten, sondern richtet sich nach der Suchtbiografie des einzelnen Patienten. Eine ältere Dame, die Tavor® über Jahre hinweg konsumiert, um besser ein- und durchschlafen zu können, benötigt beispielsweise eine andere Entzugsdauer als der Yuppie, der Tavor® als beruhigenden Downer zum Stimulans Kokain benutzt. Auch der Betroffene, der durch einen Todesfall in der Familie an Depressionen leidet und Tavor® einnimmt, um den Alltag besser bewältigen zu können, wird mit großer Wahrscheinlichkeit eine andere Zeit brauchen als die ersten beiden Personen. Neben der Länge und Höhe der Einnahme spielen das Lebensalter, ein eventueller Mischkonsum mit anderen Substanzen, mögliche Begleiterkrankungen und das soziale Umfeld eine Rolle für die Dauer des Tavor®-Entzugs. Grundsätzlich ist von einer Tavor®-Entzug-Dauer von mehreren Wochen bis Monaten auszugehen, da das Medikament langsam ausgeschlichen werden muss und darüber hinaus Wirkstoff-Depots im menschlichen Fettgewebe gespeichert wurden.
Dauer und Höhe der Dosis
Bei der täglichen Einnahme von Tavor® über einen längeren Zeitraum hinweg, gewöhnen sich Körper und Psyche an die Wirkung von Lorazepam. Der Neurotransmitter-Stoffwechsel passt sich komplett dem Benzodiazepin und seiner dämpfenden Wirkung an und auch die Seele mag in vielen Fällen nicht mehr ohne ihren kleinen Helfer sein. Eine einfache Faustregel bringt es auf den Punkt: Je länger die Einnahme und je höher die Dosis, desto mehr Zeit muss für den Entzug eingeplant werden. Bei der Patientin mit der Schlafstörung sollte die Reduzierung des Wirkstoffs daher besonders langsam und in minimalen Schritten erfolgen, damit der Körper ausreichend Zeit hat, um sich auf den veränderten Wirkstoffspiegel einzustellen. Außerdem sollte in diesem Fall ein anderes, nicht süchtig machendes Medikament eingesetzt werden, z.B. ein niederpotentes Neuroleptikum wie Pipamperon.
Lebensalter
Bei älteren Patienten verlängert sich die Wirkdauer von Lorazepam, da der gesamte Stoffwechsel langsamer arbeitet und für den Abbau mehr Zeit benötigt. Dadurch dauert zugleich auch der Tavor®-Entzugs etwas länger als bei jüngeren Patienten. Prinzipiell gilt aus diesem Grund sowieso die Faustregel, dass ältere Menschen die Hälfte der gängigen Medikamentendosis eines jüngeren Patienten bekommen sollten.
Mischkonsum und Mehrfachabhängigkeiten
Wird das Medikament Tavor® gemeinsam mit anderen Substanzen wie Alkohol oder Kokain eingenommen, müssen beide Abhängigkeiten parallel behandelt werden, um Ping-Pong-Effekte zwischen den Suchterkrankungen zu vermeiden. Damit wird der Tavor®-Entzug komplizierter und langwieriger. Schließlich liegen je nach Substanz verschiedene Halbwertszeiten und unterschiedliche Entzugserscheinungen vor. Im Falle eines Mischkonsums von Tavor® mit Kokain, besitzt das Benzodiazepin eine wesentlich längere Halbwertszeit als Kokain. Die Entgiftung von Kokain wird also schneller abgeschlossen sein als der körperliche Entzug von Tavor®. Darüber hinaus führt ein Kokain-Entzug zu einer starken Antriebslosigkeit, die den Benzo-Entzug mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit erschweren wird.
Begleiterkrankungen / Komorbiditäten
Die meisten Suchtkranken weisen mindestens eine Begleiterkrankung auf. Um die Tavor®-Abstinenz nach dem Entzug zu stabilisieren, ist es wichtig, die jeweilige psychische Erkrankung mitzubehandeln. Andernfalls besteht das Risiko, dass der Patient erneut zu Tavor® greift, um seinen Alltag besser bewältigen zu können. Die Tavor®-Entzug-Dauer wird also maßgeblich davon beeinflusst, wie gut und wie schnell der Patient auf die Behandlung seiner Angststörung oder Depression anspricht. Die Therapie erfolgt in der Regel durch eine intensive Psychotherapie und die Gabe nicht abhängig machender Antidepressiva, die auch nach dem Entzug weitergenommen werden sollten.
Soziales Umfeld
Patienten mit einer Benzodiazepin-Abhängigkeit werden ihren Entzug umso schneller und erfolgreicher abschließen, je stabiler das soziale Umfeld ist. Bestehen Probleme am Arbeitsplatz oder in der Familie, können sich die Betroffenen erfahrungsgemäß meist nicht komplett auf die Entzugsbehandlung einlassen, so dass sich die Entzugsdauer unter Umständen verlängern kann. Darüber hinaus besteht nach dem Entzug ein größeres Risiko, rückfällig zu werden. Schließlich verspricht das Suchtmittel nicht nur Beruhigung, sondern auch schnellen Trost, der bei einem schwierigen Umfeld anderweitig oft nicht zu erhalten ist.