Welche Medikamente werden gegen Alkoholabhängigkeit eingesetzt?
Medikamente gegen Entzugserscheinungen
Die wichtigsten Arzneimittel im Kampf gegen die Alkoholsucht sind Präparate, die den Entzug aktiv unterstützen. Hierbei handelt es sich um Mittel, die in erster Linie belastende Entzugserscheinungen lindern oder schwere Entzugserscheinungen vermeiden. Diese Medikamente sind allesamt verschreibungspflichtig und werden normalerweise meist im Rahmen einer qualifizierten Entzugstherapie verordnet. Die Empfehlungen zur Verordnung finden sich in der aktuellen S3-Leitlinie zu Screening, Diagnose und Behandlung alkoholbezogener Störungen1. Typische Medikamente gegen Entzugserscheinungen sind:
- Clomethiazol2
- Benzodiazepine
- Beta-Blocker in Kombination mit Benzodiazepinen oder Clomethiazol
- Clonidin in Kombination mit Benzodiazepinen oder Clomethiazol
- Antipsychotika gegen Wahnzustände und Halluzinationen
- Antikonvulsiva zum Schutz vor Krampfanfällen
- Thiamin zur Prophylaxe einer Wernicke Enzephalopathie
- Tiapridex in Kombination mit Antikonvulsiva
Medikamente gegen Suchtverlangen
Das Suchtverlangen zu überwinden, ist für die meisten Alkoholiker der schwierigste Part auf dem Weg aus der Alkoholabhängigkeit. Der unstillbar wirkende Wunsch, Alkohol zu trinken, ist eine Folge des chronischen Konsums während der Abhängigkeit: Unter dem chronischen Einfluss des Alkohols beginnt sich das Gehirn zu verändern, bildet ein Suchtgedächtnis aus, welches das Suchtverlangen hervorruft. Entsprechend häufig ist es genau dieses Verlangen, das Alkoholiker rückfällig werden lässt. Umso besser, dass mittlerweile Medikamente gegen Alkoholsucht existieren, die genau dieses Verlangen unterdrücken:
Nalmefen
Seit 2014 ist Nalmefen als Medikament in Deutschland erhältlich. Das Präparat richtet sich an Patienten, die einen schädlichen Alkoholgebrauch betreiben oder bereits alkoholabhängig sind und denen es schwerfällt, eine stabile Abstinenz zu erreichen. Als Opioidantagonist blockiert der Wirkstoff die Aktivierung des körpereigenen Belohnungssystems und sorgt dafür, dass der angenehm euphorisierte Rauschzustand nach dem Genuss alkoholischer Getränke ausbleibt. Nalmefen dient in erster Linie der Reduktion der Trinkmenge. Damit es optimal wirkt, sollte es ein bis zwei Stunden vor potenziellen Risikosituationen, die mit dem Verzehr von Alkohol einhergehen könnten, eingenommen werden.
Naltrexon
Naltrexon ist ein weiterer Opioidantagonist, der ebenfalls die Wirkung des Alkohols auf das Belohnungszentrum verhindert. Eingesetzt wird das Präparat meist nach einer Entzugsbehandlung, wenn die Abstinenz nicht stabil ist und verhindert werden soll, dass aus einem „kleinen“ Rückfall („lapse“), ein großer Rückfall („relapse“) wird. Zu trinken führt bei dem Patienten nicht zu einer Stimulation des Belohnungssystems. Genauso wie bei Nalmefen berichten einige Patienten bei Naltrexon auch von einem geringeren Alkoholverlangen („Craving“).
Acamprosat
Acamprosat gilt als klassische Anti-Craving-Substanz, die verhindern soll, dass Alkoholiker nach einer Entgiftung rückfällig werden. Das Medikament verhindert die Entstehung des starken Verlangens („negatives Craving“, anspannungsassoziierter Suchtdruck) nach dem Suchtmittel, kann allerdings nur dann wirksam werden, wenn eine Abstinenz vorliegt und die Medikation über mindestens fünf Tage eingenommen wurde.
Baclofen
Baclofen ist zur medikamentösen Behandlung einer Alkoholabhängigkeit in Deutschland aktuell nicht zugelassen, in Frankreich dagegen schon3. Es handelt sich bei diesem Präparat eigentlich um ein Muskelrelaxans, dessen Wirkung gegen eine Alkoholabhängigkeit bislang noch nicht ausreichend in klinischen Studien bestätigt wurde. Im off-label-use wird das Medikament jedoch bisweilen trotzdem im Rahmen der Suchttherapie eingesetzt. Dann allerdings nur in schwerwiegenden Fällen, etwa wenn bereits eine ethyltoxisch induzierte Leberzirrhose vorliegt.