Alkoholsucht

Alkohol heimlich trinken – ein Suchtanzeichen?

Wichtiges in 30 sec.

  • Alkohol heimlich zu trinken, ist häufig ein Anzeichen für eine Alkoholabhängigkeit.
  • Heimliches Trinken kommt oft bei Frauen, auf der Arbeit und bei Kindern/Jugendlichen vor.
  • Typische Gründe sind heimliches Trinken sind Schuldgefühle, Stressabbau, Scham und Angst vor Stigmatisierung.
  • Für Betroffene ist es oft schwer, Unterstützung im sozialen Umfeld zu finden.
  • Wer heimlich Trinkende ansprechen möchte, sollte behutsam vorgehen.

Was bedeutet, heimlich trinken?

Auf der Arbeit geht es mal wieder hektisch zu. Die Deadline rückt näher und der Chef sitzt einem schon wieder im Nacken. Um kurz ein wenig runterzukommen und Stress abzubauen, genügt ein Schlückchen Hochprozentiges auf der Bürotoilette. Das merkt sicher niemand. Und es ist ja schließlich eine Art Ausnahmesituation. Also wird es schon nicht so schlimm sein. Oder?

So plausibel die Gründe auch sein mögen: Wer versteckt trinkt, sollte sich die Frage stellen, ob er den Alkoholkonsum noch unter Kontrolle hat oder ob sich im heimlichen Trinken nicht bereits die ersten Anzeichen einer Alkoholsucht offenbaren.

Wie verbreitet ist heimliches Trinken?

Offizielle Statistiken dazu, wie viele Menschen Alkohol heimlich trinken, gibt es nicht. Denn das heimliche Trinken geschieht bewusst im Verborgenen und soll nach Ansicht der Betroffenen auch dort verbleiben. Trotzdem gibt es einige Schätzungen und Erkenntnisse rund um das Phänomen.

Junge traurige Frau in Bar mit Alkohol
Junge traurige Frau in Bar mit Alkohol

Frauen trinken häufiger heimlich

Riskanter Alkoholkonsum, also der Konsum hoher Mengen hat bei Frauen in den letzten Jahren signifikant zugenommen1. Der riskante Alkoholkonsum von jungen Frauen und Männern gleicht sich immer mehr an. Allerdings müssen Frauen, die in der Öffentlichkeit Alkohol trinken, mit mehr sozialer Ächtung rechnen2. Das kann dem heimlichen Griff zur Flasche Vorschub leisten.

Heimliches Trinken auf der Arbeit

Schätzungen gehen davon aus, dass etwa 5 Prozent aller Arbeitnehmer unter einer Alkoholabhängigkeit leiden. Bei Führungspersonen können es sogar bis zu 10 Prozent sein3. Ergibt sich keine Gelegenheit zum offenen Konsum (zum Beispiel bei Feiern oder während der Mittagspause), müssen sie den benötigten Alkohol heimlich trinken. In vielen Branchen kann das zu einem hohen Risiko für Leib und Leben der Betroffenen, aber auch zu enormen wirtschaftlichen Schäden führen, wenn es dem Einzelnen nicht mehr gelingt, seinen Arbeitstag ohne Alkohol zu überstehen.

Heimliches Trinken bei Jungendlichen

Wenn Kinder und Jugendliche heimlich Alkohol trinken, handelt es sich dabei nicht immer zwangsläufig um Suchtverhalten. Viele junge Erwachsene konsumieren das Rauschmittel, um die eigenen Grenzen auszutesten und neue Erfahrungen zu sammeln. Aus Angst vor Bestrafung durch die Eltern verheimlichen sie dies vor ihnen. Auch wenn noch keine Abhängigkeit vorliegt, kann dieses Verhalten schädlich sein, denn Alkohol beeinträchtigt unter anderem die körperliche und geistige Entwicklung von Kindern4.

Was sind Gründe für heimliches Trinken von Alkohol?

Wenn Menschen heimlich Alkohol trinken, können dafür viele Gründe verantwortlich sein. Und auch bei Menschen, die der Meinung sind, keinen problematischen Alkoholkonsum zu pflegen, kommt das Trinken im Verborgenen zu verschiedenen Anlässen vor. Hier sind typische Gründe dafür:

  • Schuldgefühle
    • Viele Menschen, die einen problematischen Alkoholkonsum pflegen, wissen häufig, dass sie zu viel trinken. Oft wurden sie bereits vom Partner oder Freunden darauf angesprochen, haben vielleicht sogar beteuert, weniger konsumieren zu wollen. Schuldgefühle verleiten sie dazu, Bier, Wein und Co. im Verborgenen zu sich zu nehmen. Dabei fühlen sie sich oftmals nicht nur anderen gegenüber schuldig, sondern auch sich selbst, weil sie es nicht schaffen, das Alkoholproblem alleine in den Griff zu bekommen.
  • Angst vor Stigmatisierung
    • Wenn andere das eigene Trinkverhalten als problematisch bewerten, ziehen sich Alkoholiker häufig ins Verborgene zurück und beginnen, nicht mehr in der Öffentlichkeit zur Flasche zu greifen. Sie fürchten sich vor Stigmatisierung und möchten sich nicht mit den Konsequenzen ihres Handelns auseinandersetzen. Dieser Weg führt schnell in eine soziale Isolation, die den Alkoholkonsum zusätzlich befeuern kann.
  • Reglementierung von außen
    • In manchen Situationen, in denen Alkoholiker heimlich trinken, tun sie dies lediglich, weil die Situation es nicht anders ermöglicht. So ist zum Beispiel Alkoholkonsum auf der Arbeit normalerweise verboten, Menschen mit einer Alkoholsucht können aber häufig keinen kompletten Arbeitstag mehr ohne Bier oder andere alkoholische Getränke überstehen. Viele Männer und Frauen trinken in dieser Situation häufig bereits vor Beginn des Arbeitstages oder konsumieren heimlich während der Pause etc.
  • Intendierte Wirkung
    • Wenn heimlich Alkohol getrunken wird, muss dahinter nicht immer direkt eine Abhängigkeit stecken. Manche Menschen pflegen einen versteckten Alkoholkonsum ausnahmslos in stressigen Situationen. Sie trinken sich Mut an für eine Prüfung in der Uni oder eine Präsentation im Job. Auch wenn eine Mutter heimlich Alkohol trinkt, kann dafür Stress verantwortlich sein. Der Alkoholkonsum soll die belastenden Symptome lindern, die Außenwelt erträglicher machen oder einen einfach nur durch den Tag bringen. Das Risiko für eine psychische und/oder körperliche Abhängigkeit ist enorm.

Welche Risiken birgt heimliches trinken?

Alkohol heimlich zu trinken, ist nicht weniger riskant als öffentlicher Alkoholkonsum. Langfristig kann sich eine körperliche und oder psychische Abhängigkeit entwickeln. Zudem besteht das Risiko für schwere Erkrankungen wie zum Beispiel Depressionen, Schädigungen von Organen und Herz-Kreislauf-System oder Krebs. Darüber hinaus können betroffene Personen weniger schnell mit Unterstützung aus dem sozialen Umfeld rechnen. Wenn Eltern nicht wissen, dass das Kind trinkt oder der Partner heimlich trinkt, werden Angehörige oft erst auf das Problem aufmerksam, wenn sich bereits eine Alkoholabhängigkeit ausgebildet und verfestigt hat.

Selbst erkennen, ob man zu viel trinkt, geht das?

Alkoholiker, die heimlich trinken, entwickeln oft ein komplexes Geflecht aus Ausreden, Entschuldigungen und Täuschungen. Häufig verharmlosen sie ihren Alkoholkonsum dadurch auch vor sich selbst. Sie beschönigen die Menge, die sie getrunken haben, rechtfertigen den Konsum und spielen die körperlichen und psychischen Folgen herunter. Um selbst zu erkennen, ob das eigene Trinkverhalten aus dem Ruder gelaufen ist, braucht es jedoch eine ehrliche Selbsteinschätzung. Viele heimlich trinkende Alkoholiker sind dazu jedoch nicht in der Lage.

Selbsttest zum Thema Alkohol

Sollte die Bereitschaft zu einer ehrlichen und selbstreflektierten Bewertung des eigenen Alkoholkonsums bestehen, kann ein Selbsttest weiterhelfen. Durch die Beantwortung einiger weniger Fragen lässt sich klären, ob der Betroffene einen riskanten Alkoholkonsum pflegt oder bereits Anzeichen einer Abhängigkeit vorliegen. Auf dem Weg zu einer Therapie und einem neuen Leben ohne Alkohol kann diese Erkenntnis der erste Schritt sein.

Sollte man heimlich Trinkende auf ihr Verhalten ansprechen?

Viele Menschen sind der Überzeugung, dass man sich nicht in das Leben von anderen einmischen sollte. Schließlich kann jeder Mann und jede Frau selbst entscheiden, wie viel er oder sie trinkt. Doch ist es wirklich ratsam, wegzusehen, wenn man versteckten Alkoholkonsum bemerkt?

  • Partner trinkt heimlich
    • Wenn der Partner heimlich trinkt, sollten Angehörige sich nicht scheuen, den Betroffenen anzusprechen. Denn Alkoholsucht ist niemals ein Problem, das nur einen Partner betrifft. Entscheidend ist, einen offenen, klaren und gleichzeitig unterstützenden sowie wohlwollenden Ton anzuschlagen. Zudem sollten Angehörige immer im Hinterkopf behalten, dass sie selbst nicht schuld am Alkoholkonsum des Partners sind.
  • Vater oder Mutter trinkt heimlich Alkohol
    • Wenn Vater oder Mutter im Verborgenen Bier und Co. konsumieren, fühlen Kinder oft eine lähmende Ohnmacht und sind überfordert. Bevor Kinder den Konsum der Eltern ansprechen, sollten sie sich deshalb Unterstützung holen. Hausarzt, Suchtberatungsstellen oder auch erwachsene Verwandte oder Freunde der Eltern können Sicherheit geben und als Vermittler unterstützen.
  • Arbeitskollege trinkt heimlich
    • Auf der Arbeit hat versteckter Alkoholkonsum häufig gravierende Konsequenzen. Wer bemerkt, dass ein Kollege im Geheimen trinkt, sollte den Betroffenen deshalb ansprechen. Wichtig sind ein geschützter Rahmen und eine Kommunikation, die auf Ich-Botschaften und nicht auf Vorwürfen beruht. Unterstützung anzubieten, ist sinnvoll. Sollte die Intervention nicht helfen oder Gefahr für den Betroffenen und/oder andere bestehen, sollte der Vorgesetzten oder Chef eingeweiht werden.
  • Freund trinkt heimlich
    • Ob der Kumpel im Fußballverein oder die beste Freundin aus Kindheitstagen – wenn Freunde heimlich trinken, sollte niemand wegsehen. Entscheidend ist, ohne Vorwürfe auf die Beobachtungen zu reagieren und stattdessen Ich-Botschaften zu senden und Unterstützung anzubieten. Wer Hilfe für das Gespräch benötigt, kann sich vorab bei Suchtberatungsstellen und Selbsthilfegruppen Rat holen.

Wo finden Betroffene und Angehörige Hilfe?

Betroffene und Angehörige können viele Anlaufstellen nutzen, um Hilfe bei einem problematischen Umgang mit Alkohol zu finden. Erster Ansprechpartner ist oft der Hausarzt. Dieser kann bereits mit einer ersten Anamnese Klarheit schaffen und bei der Entwicklung einer individuellen Entzugsstrategie unterstützen. Ähnliches gilt für Selbsthilfegruppen und Suchtberatungsstellen. Hier bekommen Betroffene viel Input über mögliche Entzugsoptionen.

Wer sich mit sofortiger Wirkung aus der Suchtspirale lösen möchte, findet Hilfe in einer Suchtklinik. Hier wird eine körperliche Entgiftung unter ärztlicher Aufsicht durchgeführt. Bei einer anschließenden Entwöhnung wird zudem die psychische Seite der Sucht angegangen. Wenn beide Behandlungsschritte parallel erfolgen, ist die Therapiedauer kürzer. Private Suchtkliniken bieten oft spezialisierte Konzepte und eine rasche und unbürokratische Aufnahme.

Quellenliste

1 Orth, B. & Merkel, C. (2022). Der Substanzkonsum Jugendlicher und junger Erwachsener in Deutschland. Ergebnisse des Alkoholsurveys 2021 zu Alkohol, Rauchen, Cannabis und Trends. BZgA-Forschungsbericht. Köln: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung., S. 15, https://doi.org/10.107623/BZGA:Q3-ALKSY21-DE1.0, https://www.bzga.de/fileadmin/user_upload/PDF/studien/BZgA_Alkoholsurvey_2021.pdf (Datum des Zugriffs: 26.02.2024)

2 ÄrzteZeitung „Mithalten auch beim Alkohol: Mehr junge Frauen mit riskantem Konsum“, 04.02.2024, https://www.aerztezeitung.de/Panorama/Mithalten-auch-beim-Alkohol-Mehr-junge-Frauen-mit-riskantem-Konsum-446847.html (Datum des Zugriffs: 26.02.2024)

3 DHS Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. „Alkohol am Arbeitsplatz“, Factsheet, S. 2, Stand: November 2019, Hamm, https://www.dhs.de/fileadmin/user_upload/pdf/Broschueren/FS_Alkohol-am-Arbeitsplatz.pdf (Datum des Zugriffs: 26.02.2024)

4 DHS Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. „Alkohol und Jugendliche“ Factsheet, S. 1, Stand: Juni 2016, Hamm, https://www.aktionswoche-alkohol.de/fileadmin/user_upload/factsheets/2016-12-14-Factsheet_Alkohol_und_Jugendliche.pdf (Datum des Zugriffs: 26.02.2024)