Hilfe für Angehörige von Suchtkranken

Hilfe für Angehörige Suchtkranker – das Wichtigste in Kürze

  • Abhängigkeitserkrankungen betreffen nicht nur die Suchtkranken selbst
  • Vielfach leiden Angehörige ebenfalls massiv unter der Situation
  • Zahlreiche Angehörige von Suchtkranken werden selbst krank
  • Unterstützung in Selbsthilfegruppen kann hilfreich sein
  • Maßnahmen zur Selbstfürsorge und Beratung sollten angenommen werden

Angehörige von Suchtkranken, was sie tun können

Wenn der Partner, ein Elternteil oder eines der Kinder an einer Abhängigkeit von Alkohol, Medikamenten oder illegalen Drogen leidet, ist dies auch für die Angehörigen äußerst belastend. Eine vom Bundesministerium für Gesundheit geförderte Studie aus dem Jahr 2017 zeigt auf, dass deutschlandweit rund 10 Millionen Menschen als Angehörige von Suchtkranken erhöhte Morbiditätswerte aufweisen1. Umso wichtiger ist es, dass Betroffene lernen, wie sie mit der Abhängigkeit und dem Abhängigen umgehen, ohne die eigene Gesundheit zu gefährden.

Suchttherapie schließt Angehörige ein

Eine Suchterkrankung entsteht normalerweise unter dem Einfluss zahlreicher Faktoren. Man spricht hierbei auch von einer multifaktoriellen Entstehung2. (Psychische) Erkrankungen, traumatische Erlebnisse aus der Kindheit, berufliche Probleme oder Konflikte in der Familie – all das kann zur Entstehung von Abhängigkeiten beitragen. Daher wird in vielen Kliniken die Familie auf Wunsch des Patienten in therapeutische Prozesse eingebunden.

  • Vermittlung von Krankheitswissen, Familientherapie, Austausch mit Betroffenen
    • Meist werden während der psychischen Entwöhnung Familien- und Paargespräche geführt. In einigen Einrichtungen sind spezielle Angehörigenseminare möglich, in denen sich die Angehörigen Suchtkranker mit anderen Angehörigen austauschen können und Informationen zum Umgang mit dem Suchtkranken erhalten.
  • Therapeutische Angebote helfen Angehörigen, schädliche Verhaltensweisen zu überwinden
    • Gerade mit Blick auf Familie, Kinder und Partner ist das Zusammenspiel bei einer Abhängigkeit meist wechselseitig: Genauso wie Angehörige die Krankheit des Betroffenen beeinflussen können, werden sie auch durch selbige beeinträchtigt. Deshalb liegt es auch im Interesse der Angehörigen, in die Therapie eingebunden zu werden. Hierbei können sie viel über die Krankheit lernen, sich und ihr eigenes Verhalten reflektieren und erfahren, wie sie sich selbst abgrenzen und schützen. Tatsächlich ist es in vielen Fällen hilfreich, wenn Angehörige sich unabhängig von der Therapie des Abhängigen selbst professionelle psychotherapeutische Unterstützung suchen.

Verhalten gegenüber Suchtkranken: Was ist wichtig?

Der richtige Umgang mit einem Suchtkranken ist für die betroffenen Angehörigen meist alles andere als leicht. Da jede (Sucht-)Biographie individuell ist, gibt es auch keinen allgemeingültigen „Königsweg“, der immer passt und richtig ist. Dafür lassen sich viele Tipps und Empfehlungen finden, die Betroffenen in suchtbelasteten Familien dabei helfen können, das eigene Leben und den Alltag besser zu meistern. Im Fokus stehen dabei vor allem Selbstschutz und Selbstfürsorge, ebenso wie ein klarer, differenzierter Umgang mit dem Süchtigen. Schwierig ist, dass Eltern, Kinder und Partner sich dabei oftmals entgegen ihrer Intuition verhalten müssen.

  • Wie verhalte ich mich, wenn ich den Verdacht auf eine Suchterkrankung eines Angehörigen habe?
    • Kehren Sie das Problem bitte nicht unter den Tisch, sondern sprechen es frühzeitig an. Probleme verschwinden nicht von allein und langfristig wird ein Verschweigen weder dem Süchtigen noch Ihnen helfen. Außerdem sind die Therapiechancen umso besser, je früher die Sucht behandelt wird. Falls Sie das Gefühl haben, einem Gespräch nicht gewachsen zu sein, suchen Sie sich professionelle Hilfe! Erste Anlaufstellen können eine Familienberatung bei pro familia, dem Caritasverband oder einer Suchtberatungsstelle sein.
  • Wie bereite ich ein klärendes Gespräch vor?
    • Zunächst ist es wichtig, eine gute und ungestörte Gesprächsatmosphäre vorzubereiten. Sorgen Sie dafür, dass die Kinder aushäusig untergebracht sind und dass Telefon und Türklingel abgestellt sind. Auf mögliche Reaktionen können Sie sich gedanklich bereits vorbereiten. So fällt es Ihnen leichter, in kritischen Gesprächsverläufen sachlich zu reagieren.
  • Wie kommuniziere ich richtig mit dem oder der Süchtigen?
    • Im Umgang mit Abhängigen ist eine gute Kommunikation ein Schlüsselfaktor, der den Kranken dazu motivieren kann, sich konstruktiv mit seinem Konsumverhalten auseinanderzusetzen. Dies wird allerdings nur dann gelingen, wenn das gemeinsame Gespräch ohne Schuldzuweisungen und Anklagen verläuft. Dabei kann es helfen, in „Ich-Botschaften“ zu sprechen. Auch gute Ratschläge sind nur bedingt hilfreich und können auf den betroffenen Angehörigen schnell belehrend wirken. Wichtiger ist es, den Betroffenen zum Reden zu ermuntern, aktiv zuzuhören und gemeinsame Ziele festzulegen.
  • Was kann ich sonst noch tun?
    • Informieren Sie sich über das genaue Krankheitsbild, das Suchtmittel und die möglichen Ursachen der Abhängigkeit. Schließlich ist Sucht nicht gleich Sucht, sondern häufig steckt mehr dahinter, als man vielleicht denkt. So kann eine Abhängigkeit ein Symptom dafür sein, dass an irgendeiner Stelle etwas schiefläuft oder schiefgelaufen ist. Daher ist es immer ein guter Schritt, den suchtkranken Verwandten nach den Ursachen seines Suchtverhaltens zu fragen. Unangenehme Antworten sollten Sie aushalten können. Oft können gerade aus ihnen positive Veränderungen entstehen.
    • Dennoch sollten Sie sich unbedingt verdeutlichen, dass Sie keine Schuld an der Erkrankung eines nahestehenden Menschen tragen. Egal, wie die Umstände auch sind, der Suchtkranke hat sich letztlich dazu entschieden, Alkohol zu trinken, Medikamente einzunehmen oder Drogen zu konsumieren. Ebenso sollten Sie die Abhängigkeit auf keinen Fall in der Öffentlichkeit vertuschen.
  • Weshalb ist es ein Fehler, den Suchtkranken vom Suchtmittel fernzuhalten?
    • Es ist völlig natürlich, einen lieben Menschen von seinem abhängigen Verhalten abbringen zu wollen. Dennoch tun Sie damit weder sich noch dem Erkrankten einen Gefallen. Schließlich muss die Motivation, eine Sucht behandeln zu lassen, vom Suchtkranken selbst kommen. Andernfalls werden Sie immer als Gegner wahrgenommen, der den Betroffenen von einem für ihn vermeintlich lebensnotwendigen Konsum fernhalten will. Das Miteinander wird somit zum ewigen Kampf.
    • Vielmehr sollten Sie akzeptieren, dass eine Alkoholsucht, Medikamentensucht oder Drogensucht als anerkannte Krankheit gilt, und dass der Konsum des Suchtstoffs keineswegs durch mangelnde Disziplin erfolgt, sondern durch ein unstillbares psychisches Verlangen (Craving), das eng mit einer Suchterkrankung verbunden ist. Allein das Verständnis und die Akzeptanz der Krankheit können eine maßgebliche Erleichterung in den Alltag bringen.

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Angehörige von Suchtkranken: Selbsthilfegruppe
Angehörige von Suchtkranken: Selbsthilfegruppe

Wie können Angehörige bei Kräften bleiben?

Wenn es um Suchterkrankungen geht, sind es meist die Abhängigen selbst, die in den Fokus von Ärzten, Therapeuten und Menschen aus dem näheren Umfeld rücken. An Angehörige, die den Betroffenen in sämtlichen schwierigen Situationen begleiten, denkt dagegen kaum jemand3. Dabei löst die Krankheit auch in ihrem Leben gravierende Veränderungen aus – nicht selten werden nahestehende Personen selbst krank, isolieren sich sozial, bekommen Probleme in Job oder Freundeskreis. Umso wichtiger ist, dass sie lernen, wie sie sich selbst in bestimmten Situationen helfen können. Das Blaue Kreuz empfiehlt u. a. Folgendes4:

  • Nicht die Schuld bei sich selbst suchen.
  • Sich Hilfe holen.
  • Über das Problem mit vertrauten Personen reden.
  • Sich einer Gruppe anschließen, z. B. einer Selbsthilfegruppe.
  • Eigenen Interessen nachgehen.
  • Dem Suchtkranken keine Verantwortung abnehmen.
  • Gespräch mit Gott.

Wo finden Angehörige Suchtkranker professionelle Hilfe?

Nicht nur für die erkrankten Angehörigen gibt es Selbsthilfegruppen, sondern auch für die betroffenen Verwandten. Dort kann man offen und frei mit Angehörigen in vergleichbarer Situation über mögliche Probleme und Bedenken sprechen und erhält durch die Solidarität der Gruppe seelische Unterstützung. Eine aktive Angehörigenarbeit betreiben:

  • Al-Anon Familiengruppen Interessengemeinschaft e. V.
  • Bundesverband der Elternkreise suchtgefährdeter und suchtkranker Söhne und Töchter e. V.

Darüber hinaus gibt es in vielen Städten und Gemeinden sogenannte Suchtberatungsstellen. Diese bieten Beratung nicht nur für die Suchtkranken selbst, sondern auch für nahestehende Menschen aus deren Umfeld. Je nach Einrichtung können die Beratungen persönlich, im Chat oder per Mail stattfinden. Gegenstand der Beratung können Informationen über das Krankheitsbild sein, Therapiemöglichkeiten oder Tipps für Gespräche mit dem Erkrankten sowie Hilfe bei Fällen häuslicher Gewalt.

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Quellenliste

1 Berndt, J. et al. „Belastungen und Perspektiven Angehöriger Suchtkranker: ein multi-modaler Ansatz (BEPAS), Lübeck, Mai 2017, S. 4, https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/5_Publikationen/Drogen_und_Sucht/Berichte/Abschlussbericht/171109_Abschlussbericht_BEPAS.pdf(Datum des Zugriffs: 07.12.2022)

2 Laux, Gerd et al. „Memorix Psychiatrie und Psychotherapie”, 2011, Thieme, S. 15, DOI: 10.1055/b-0034-40074, https://www.thieme-connect.de/products/ebooks/lookinside/10.1055/b-0034-40074# (Datum des Zugriffs: 07.12.2022)

3 Richter, Eva „Suchterkrankungen: Angehörige leiden ebenso“, In: Dtsch Arztebl 2000; 97(21): A-1412 / B-1178 / C-1102https://www.aerzteblatt.de/archiv/23071/Suchterkrankungen-Angehoerige-leiden-ebenso (Datum des Zugriffs: 07.12.2022)

4 Blaues Kreuz in Deutschland e.V. (BKD) „Für Angehörige – Informationen finden“, https://www.blaues-kreuz.de/de/sucht-und-abhaengigkeit/fuer-angehoerige/ (Datum des Zugriffs: 07.12.2022)