Medikamentensucht

Oxycodon

Das Wichtigste in Kürze

  • Oxycodon ist ein schmerzstillendes Opioid, das dem Betäubungsmittelgesetz unterliegt.
  • Der Wirkstoff wird bei starken und sehr starken Schmerzen verordnet.
  • Häufige Nebenwirkungen sind Magen-Darm-Beschwerden, Müdigkeit und psychische Symptome.
  • Die Einnahme sollte immer in enger Rücksprache mit dem Arzt erfolgen.
  • Bei der (längerfristigen) Einnahme besteht das Risiko für eine körperliche Abhängigkeit.
Kokainentzug alleine: Frau niedergeschlagen im Bett
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Was ist Oxycodon?

Oxycodon ist ein Opioid, das als Schmerzmittel eingesetzt wird. Seine analgetische (schmerzstillende) Wirkung liegt über der von Morphin, weshalb Oxycodon bei Patienten mit starken und stärksten Schmerzen verordnet wird. Medikamente mit dem Wirkstoff gelten als sehr sicher, sind jedoch nicht ohne Nebenwirkungen und können langfristig oder bei nicht bestimmungsgemäßem Gebrauch eine Abhängigkeit auslösen.

Bei welchen Erkrankungen kommen Oxycodon-Medikamente zum Einsatz?

Es gibt verschiedene Arten von Schmerzmedikamenten, die sich in der Stärke ihrer schmerzstillenden Wirkung und dem Wirkmechanismus unterscheiden. Darüber hinaus gibt es große Abstufungen bei den Nebenwirkungen sowie den Wechselwirkungen. Deshalb sollten Kosten und Nutzen vor einer Behandlung mit Oxycodon und anderen Opioiden stets sorgfältig abgewogen werden.

  • Oxycodon als Mittel der letzten Wahl
    • Arzneimittel, die den Wirkstoff Oxycodon enthalten, werden nicht leichtfertig verschrieben. Nur wenn andere Schmerzmedikamente keine ausreichende Linderung der Symptome ermöglichen und auch eine operative oder anderweitig konservative Behandlung nicht hilft, kommt eine Therapie mit Oxycodon in Frage.
  • Verordnung bei schweren und chronischen Erkrankungen
    • Häufig betrifft dies Menschen mit sehr starken Schmerzen – etwa aufgrund einer Krebserkrankung oder einer Schädigung des Nervensystems. Auch bei chronischen Rückenschmerzen, die mit alternativen Methoden nicht ausreichend behandelt werden können, werden bisweilen Oxycodon-Medikamente verordnet. Sogar bei Operationen kann Oxycodon Verwendung finden.
Alkoholentgiftung: Gespräch mit Arzt
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Warum unterliegt Oxycodon dem Betäubungsmittelgesetz?

Oxycodon ist ein Wirkstoff, der im Jahr 1917 entwickelt wurde und seit 1919 in Arzneimitteln eingesetzt wird. Bereits wenige Jahre nach seiner Veröffentlichung geriet das Opioid erstmalig in die Schlagzeilen, da es missbräuchlich genutzt und etwa als Rauschmittel verwendet wurde. Deshalb unterliegen Medikamente mit dem Wirkstoff in Deutschland dem Betäubungsmittelgesetz. Um entsprechende Arzneimittel in der Apotheke erhalten zu können, benötigen Patienten ein sogenanntes BtM-Rezept.

Wie wirken Medikamente mit Oxycodon?

Der menschliche Körper verfügt über ein körpereigenes schmerzhemmendes System. Dieses System wird über verschiedene Rezeptoren aktiviert. Opioide wie Oxycodon binden an diese Rezeptoren und führen entsprechend zu einer schmerzstillenden Wirkung. Ganz konkret bindet der Wirkstoff an die µ-, κ- und δ-Opioidrezeptoren in Gehirn und Rückenmark1. Durch das Andocken an diese Rezeptoren tritt die schmerzstillende und teilweise auch sedierende Wirkung ein. Passende Rezeptoren, an denen der Wirkstoff andocken kann, befinden sich nicht nur in Rückenmark und Gehirn, sondern unter anderem auch im Darm. Auch an diese bindet Oxycodon, was die häufig auftretende Nebenwirkung Verstopfung erklärt.

  • Häufige körperliche Nebenwirkungen bei der Einnahme von Oxycodon
    • Arzneimittel aus der Gruppe der Opioide sind für viele Patienten die einzigen Schmerzmittel, die eine hinreichende Wirkung gegen ihre belastenden Symptome versprechen. Allerdings sind die Medikamente nicht ohne Nebenwirkungen – im Gegenteil: Viele unerwünschte Wirkungen sind derart stark ausgeprägt und belastend, dass ihnen mit zusätzlichen Medikamenten entgegengewirkt werden muss. Zu den häufigsten körperlichen Nebenwirkungen gehören:
      • Müdigkeit und Benommenheit
      • Schwindel
      • Kopfschmerzen
      • Übelkeit und Erbrechen
      • Verstopfung
      • Verringerung des Appetits
      • Zittern
      • Hausausschlag und Juckreiz
      • Atemnot
  • Seltene schwere Nebenwirkungen von Oxycodon
    • In Ausnahmefällen können allergische Reaktionen, plötzliche Atembeschwerden sowie Krämpfe in den Bronchialmuskeln oder eine Atemdepression auftreten. Bei diesen Nebenwirkungen ist eine weitere Einnahme der Arzneimittel nicht angeraten. Betroffene sollten umgehend ihren Arzt aufsuchen.
  • Kombination von Naloxon und Oxycodon lindert Magen-Darm-Beschwerden
    • Viele der Nebenwirkungen, die den Magen-Darm-Trakt betreffen, lassen sich durch die zusätzliche Gabe von passenden Arzneimitteln beheben. Zudem sollen Medikamente, bei denen Oxycodon und Naloxon kombiniert werden, der Obstipation entgegenwirken, da Naloxon die Wirkung von Oxycodon im Darm aufhebt.
  • Psychische Nebenwirkungen
    • Bei der Behandlung mit opioiden Schmerzmitteln wie Oxycodon kann es nicht nur zu körperlichen Nebenwirkungen kommen. Auch psychische und kognitive Einschränkungen sind möglich. Hierzu gehören:
      • Angstzustände
      • depressive Verstimmung und Depression
      • Schlafstörungen
      • Nervosität
      • Gedächtnislücken
      • Konzentrationsstörungen

Gibt es Wechselwirkungen von anderen Medikamenten mit Oxycodon?

Von Wechselwirkungen spricht man immer dann, wenn Patienten mehrere Medikamente einnehmen, die sich in ihrer Wirkung gegenseitig beeinflussen können. Insbesondere die Kombination von Oxycodon und Benzodiazepinen (Beruhigungsmittel) gilt es zu vermeiden, da es hierbei zu einem erhöhten Risiko für eine Atemdepression mit möglicherweise lebensbedrohlichem Ausgang kommen kann.

  • Erhöhtes Risiko von Wechselwirkungen bei folgenden Medikamenten
      • Antidepressiva
      • Antihistaminika
      • Antiemetika
      • Antipsychotika
      • Benzodiazepine
      • Carbamazepin
      • Cimetidin
      • MAO-Hemmer
      • Muskelrelaxantien
      • Neuroleptika
      • und weitere
  • Medikamentenkombinationen mit dem Arzt abstimmen
    • Wichtig: Wenn die Einnahme eines opioiden Medikaments, wie Oxycodon, Morphin oder Tilidin, im Raum steht, sollte gemeinsam mit dem Arzt immer eine umfassende Bestandsaufnahme aller (regelmäßig) eingenommenen Arzneimittel erfolgen, um Wechselwirkungen nach Möglichkeit von vornherein auszuschließen.

In welcher Form werden Arzneimittel mit Oxycodon verordnet?

Genauso wie viele andere Opioide wird auch Oxycodon nicht nur in Tablettenform angeboten. Der Wirkstoff ist in mehreren verschiedenen Arzneiformen erhältlich:

  • Tabletten mit schneller Wirkstoffabgabe
  • Retardtabletten mit verzögerter Wirkstoffabgabe
  • Zäpfchen
  • Hartkapseln
  • Injektionen

Die ideale Arzneiform hängt von der individuellen Situation des Patienten ab. Tabletten mit sofortiger Wirkstoffabgabe und Injektionen werden normalerweise nur in Ausnahmefällen bzw. zu Beginn einer Behandlung verordnet, wenn möglichst schnell eine schmerzstillende Wirkung erzielt werden muss. Am häufigsten werden Retardtabletten verschrieben, da diese den Wirkstoff über einen längeren Zeitraum abgeben, sodass das schmerzstillende Niveau möglichst dauerhaft gehalten werden kann. Darüber hinaus ist das Missbrauchspotenzial bei Retardtabletten geringer.

Warum wird Oxycodon mit Naloxon kombiniert?

Seit einigen Jahren verschreiben Ärzte immer seltener reines Oxycodon und greifen stattdessen auf Kombipräparate zurück, die neben dem Wirkstoff Oxycodon auch Naloxon enthalten. Bei Naloxon handelt es sich um einen sogenannten Opioidantagonisten, der die Wirkung von Oxycodon speziell im Darm aufhebt. Dadurch kann die bei Oxycodon häufig vorkommende Nebenwirkung Obstipation (Verstopfung) verhindert werden2.

Wie wird Oxycodon dosiert?

Genauso wie bei anderen Opioiden gilt auch bei Oxycodon, dass die Dosierung stets so niedrig wie möglich gewählt werden sollte. Das ist zum einen auf die möglichen Nebenwirkungen, zum anderen aber auch auf das Abhängigkeitspotenzial des Wirkstoffs zurückzuführen.

  • Dosierung abhängig von Schmerzstärke und bisheriger Medikation
    • Grundsätzlich ist die Höhe der Dosierung immer auf die individuelle Situation des Patienten abzustimmen: Abhängig von der Schmerzintensität kann gegebenenfalls eine höhere Dosierung notwendig sein. Patienten, die noch nie zuvor mit Opioiden behandelt wurden, werden als „Opioid-naiv“ bezeichnet. Sie werden meist mit Retardtabletten behandelt, bei denen zu Beginn 10 mg Wirkstoff im Abstand von 12 Stunden, also 20 mg pro Tag, eingenommen werden3.
  • Dosisanpassungen dürfen nur vom Arzt vorgenommen werden
    • Wichtig: Eine Anpassung der Dosis sollte stets nur in Absprache mit dem behandelnden Arzt erfolgen. Wer befürchtet, dass die aktuelle Dosis nicht ausreicht, sollte keinesfalls eigenmächtig mehr Tabletten einnehmen. Darüber hinaus sollte bei längerfristiger Anwendung von Opioiden regelmäßig gemeinsam mit dem Arzt geprüft werden, ob die Dosis noch angemessen bzw. die Behandlung mit dem Wirkstoff weiterhin erforderlich ist.

Welche Risiken birgt das Schmerzmittel Oxycodon?

Bevor es um die möglichen Gefahren im Zusammenhang mit der Einnahme des Schmerzmittels Oxycodon geht, ist zunächst wichtig hervorzuheben, dass es sich bei den in Frage kommenden Arzneimitteln um sehr sichere und wichtige Medikamente handelt. Genauso wie bei Morphin und anderen Opioiden kommt es jedoch auf die korrekte Einnahme sowie auf die regelmäßige Überprüfung der Verhältnismäßigkeit an. Welch dramatische Folgen eine unverhältnismäßige Verschreibung von starken Schmerzmitteln haben kann, zeigt die sogenannte Opioid-Krise in den USA4.

  • Toleranzentwicklung erfordert langsames Ausschleichen
    • Laut der aktuellen wissenschaftlichen Leitlinie zur Langzeitanwendung von Opioiden bei chronischen nicht tumor-bedingten Schmerzen sind Opioide kein Allheilmittel, das bei starken Schmerzen immer die beste Wirkung erzielt. Allerdings macht die Einnahme auch nicht zwangsläufig süchtig5.Bildet sich eine körperliche (und psychische) Abhängigkeit aus, stellt diese sich normalerweise nach einer mehrwöchigen regelmäßigen Einnahme ein und kann sich in einer Toleranzentwicklung ausdrücken. Deshalb sollten Betroffene opioide Medikamente niemals von jetzt auf gleich absetzen, sondern immer langsam ausschleichen. Überdies sollte keine eigenmächtige Erhöhung der Dosis erfolgen, weil dies das Abhängigkeitsrisiko und mögliche Nebenwirkungen vergrößern kann.
  • Kombination mit psychoaktiven Substanzen erhöht Abhängigkeitsrisiko
    • Wer mehrere psychoaktive Substanzen konsumiert, zu denen neben Opioiden auch weitere Medikamente, viele illegale Drogen und Alkohol gehören, erhöht das Risiko, dass sich Körper und Psyche an die Stoffe gewöhnen. Dadurch kann sich eine gefährliche Mehrfachabhängigkeit entwickeln, die nicht nur sehr belastend, sondern auch schwierig zu behandeln ist. Wer aus medizinischen Gründen Oxycodon einnehmen muss, sollte deshalb auf den gleichzeitigen Konsum von anderen Rauschmitteln verzichten.
  • Missbräuchliche Einnahme mit erhöhtem Suchtrisiko
    • Problematisch ist die absichtliche missbräuchliche Einnahme von Oxycodon, Morphin und Co. Häufig betrifft das Personen, die die opioiden Schmerzmittel zuvor von einem Arzt verschrieben bekommen haben, jedoch nicht ausreichend über die potenziellen Risiken aufgeklärt worden sind6.In vielen Fällen sind es aber auch Drogenkranke, die die Medikamente missbrauchen, etwa um eine Rauschwirkung zu erzeugen oder Entzugserscheinungen zu lindern. In all diesen Fällen handelt es sich um einen gefährlichen Medikamentenmissbrauch, bei dem nicht nur ärztliche Dosierungen völlig außer Acht gelassen werden: Oft besorgen Betroffene sich die Arzneimittel illegal auf dem Schwarzmarkt. Hier wartet zusätzlich das Risiko von möglicherweise gestreckten Substanzen.
Pregabalin Entzugserscheinung: Frau mit Bauchkrämpfen hält sich ihren Bauch
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Was ist bei der Einnahme zu beachten?

Bestimmte Lebensmittel können die Wirkung von Opioid-Analgetika mit dem Wirkstoff Oxycodon beeinflussen. Hierzu gehören Alkohol und Grapefruitsaft. Beide sollten während der Behandlung möglichst nicht konsumiert werden. Darüber hinaus sollte keine Einnahme während der Schwangerschaft und Stillzeit erfolgen. Gerade zu Beginn der Behandlung können die Verkehrstüchtigkeit sowie die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen eingeschränkt sein.

Die genaue Dosis sowie die optimalen Zeitpunkte für die Einnahme der Medikamente besprechen Betroffene mit ihrem Arzt. Dieser legt gegebenenfalls ein individuelles Zeitschema für die Einnahme fest. An dieses sollten die Patienten sich unbedingt halten, damit eine maximale Wirksamkeit des Arzneimittels gewährleistet ist.

Quellenliste

1 Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) „Oxycodon/Naloxon“, in Wirkstoff Aktuell, Ausgabe 6/2012, In Zusammenarbeit mit der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, https://www.kbv.de/media/sp/Oxycodon_Naloxon.pdf (Datum des Zugriffs: 07.06.2023)

1 Ebd.

3 Gelbe Liste. Pharmaindex „Oxycodon“, https://www.gelbe-liste.de/wirkstoffe/Oxycodon_27380 (Datum des Zugriffs: 07.06.2023)

4 aerzteblatt.de „Zahl der Drogentoten in den USA gestiegen“, https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/97217/Zahl-der-Drogentoten-in-den-USA-gestiegen (Datum des Zugriffs: 07.06.2023)

5 UVSD SchmerzLos und Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband in Zusammenarbeit mit der Deutschen Schmerzgesellschaft „Patientenversion der wissenschaftlichen Leitlinie „LONTS“ Langzeitanwendung von Opioiden bei chronischen Nicht Tumor-bedingten Schmerzen, S. 5, AWMF-Register Nr. 145/003, https://register.awmf.org/assets/guidelines/145-003p1_S3_LONTS_2020-10.pdf (Datum des Zugriffs: 07.06.2023)

6 Böhling, Finja „Schmerzmittelmissbrauch – Unterschätzte Suchtgefahr?“, 03.07.2022, Radio Bremen, tagesschau.de, https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/schmerzmittel-103.html (Datum des Zugriffs: 07.06.2023)